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22.08.2025 - Öffentl. Baurecht
Endgültig keine Windenergieanlagen in Wölfersheim nahe Burg Münzenberg
Betreibergesellschaft nimmt Rechtsmittel zurück

Aktuell hat die Betreibergesellschaft BayWa r.e. Wind II GmbH das zunächst eingelegte Rechtsmittel gegen das Urteil des VG Gießen vom 15.09.2020 (Az.: 1 K 4076/17.GI), d. h. den Antrag auf Zulassung der Berufung, zurückgenommen. In der Folge erließ der für das Berufungszulassungsverfahren zuständige VGH Kassel am 20.08.2025 einen verfahrensbeendenden (Einstellungs-)Beschluss.

Damit besteht für das beantragte Vorhaben der Betreibergesellschaft, gerichtet auf die Errichtung und den Betrieb von 4 Windenergieanlagen in Wölfersheim, Gemarkung Wohnbach, keine Durchsetzungsmöglichkeit mehr. Das Vorhaben ist mithin „begraben“.





Rückblick:
Das VG Gießen hatte die auf das Vorhaben bezogene Klage der Betreibergesellschaft mit dem Urteil vom 15.09.2020 abgewiesen.

Streitgegenstand war der Bescheid des RP Darmstadt vom 04.05.2017, mit dem die Behörde den Antrag der Betreibergesellschaft zu der Errichtung und dem Betrieb von 4 Windenergieanlagen (WEA) in Wölfersheim-Wohnbach ablehnte. Das RP Darmstadt hielt dem Vorhaben die beeinträchtigten öffentlichen Belange des Denkmalschutzes, ausgelöst durch die Burg Münzenberg, sowie des Artenschutzes entgegen. Die WEA waren lediglich in einer Entfernung zwischen 3 km und 4 km von der Burganlage in südöstlicher Richtung entlang der A 45 vorgesehen.

Gegen den ablehnenden Bescheid erhob die Betreibergesellschaft bereits im Mai 2017 Klage zum VG Gießen. Zu dem Verwaltungsstreitverfahren hat das VG Gießen die von EIDING RECHTSANWÄLTE vertretene Stadt Münzenberg auf einen entsprechenden Antrag hin beigeladen. Infolge der dadurch ausgelösten Beteiligtenstellung in dem Verwaltungsstreitverfahren hat die Kommune mehrfach schriftsätzlich vorgetragen, vor allem zu dem Thema Denkmalschutz. Zu diesem Zweck wurde zusätzlich der renommierte Denkmalschutz-Sachverständige Dr. Dahms (Hamburg) hinzugezogen. Er kam auf der Grundlage von erstellten Visualisierungen – beispielhaft beigefügt – zu der Erkenntnis, dass infolge der Errichtung und des Betriebs der WEA eine erhebliche Beeinträchtigung für die Burganlage Münzenberg offensichtlich festzustellen wäre, dadurch dass eine erdrückende bzw. verdrängende Wirkung durch die WEA gegenüber der Burganlage eintritt und damit der Denkmalwert der Burganlage signifikant gefährdet wird.

Dabei war durch die zuständigen Sachbearbeiter der Kanzlei EIDING RECHTSANWÄLTE, Prof. Dr. Lutz Eiding und Dr. jur. Martin Faußner, aus rechtlicher Sicht darzulegen, dass nicht nur die Blickbeziehungen auf die Burganlage von Relevanz sind, sondern darüber hinausgehend auch die Blickbeziehungen von der Burganlage aus; weiterhin, dass für die Beurteilung der erheblichen Beeinträchtigung des Kulturdenkmals die Sicht eines sachverständigen Betrachters maßgeblich ist, um der Argumentation der Betreibergesellschaft darauf gerichtet, die Bedeutung bzw. den Denkmalwert der Burganlage dadurch „herunterzuspielen“, indem lediglich die Sicht des für die Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters heranzuziehen wäre, entgegenzutreten.

Mit dem entgegenstehenden Belang des Denkmalschutzes war zuvor bereits im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung des Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien aufgrund der Einwendungen der Stadt Münzenberg das ursprünglich südöstlich der Burganlage vorgesehene Vorranggebiet für WEA, in dem auch überwiegend die in Rede stehenden 4 WEA beabsichtigt waren, mit einer Größe von zuletzt 191,4 ha komplett gestrichen worden.

Gegen das klageabweisende Urteil hatte die Betreibergesellschaft das statthafte Rechtsmittel, den Antrag auf Zulassung der Berufung, eingelegt. An diesem hat sie jetzt nicht mehr festgehalten, so dass der verfahrensbeendende (Einstellungs-)Beschluss des VGH ergehen konnte.





Zu dem Verfahrensausgang führt RA Dr. Faußner aus:
„Mit dem (Einstellungs-)Beschluss hat der VGH Kassel die gesetzlich vorgegebene Folge der Antragsrücknahme ausgesprochen. Damit findet das annähernd fünf Jahre andauernde Berufungszulassungsverfahren sein Ende, insgesamt ein 10-jähriger Verfahrensmarathon. Im Sinne der Stadt konnte damit erfreulicherweise die Errichtung und der Betrieb von WEA in Sichtweite der Burganlage gänzlich verhindert werden. Ausgehend von der bereits erzielten kompletten Streichung des Vorranggebiets für WEA, in dem die in Rede stehenden WEA überwiegend beabsichtigt waren, unter Berufung auf den Denkmalschutz, fehlte dem Vorhaben von vorne herein die Durchsetzungskraft gegenüber der den Denkmalschutz begründenden Burganlage. Insofern war die Antragsrücknahme folgerichtig.“

Ergänzend führt RA Prof. Dr. Eiding an:
„Die Burg Münzenberg ist eine aus fast allen Richtungen weithin sichtbare Landmarke, nach der Wartburg stellt sie die zweitgrößte Stauferburg dar. Wir sind erleichtert, dass unsere schon im Erörterungstermin 2016 erhobene Forderung eines Schutzradius von 5 km um die Burganlage von den Fachbehörden des RP Darmstadt, dem Landesamt für Denkmalschutz Wiesbaden und dem VG Gießen aufgegriffen worden ist.“

Für die Kommune merkt schließlich die Bürgermeisterin, Frau Dr. Tammer, an:
„Ich habe mit großer Erleichterung die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte entgegengenommen. Die Vorstellung, dass über 200 m hohe Windräder in unmittelbarer Nachbarschaft des „Wetterauer Tintenfasses“ stehen könnten, löste bei vielen Menschen in und um Münzenberg Unverständnis und große Empörung aus. Der Horror vor einer dauerhaften „Neuzeit“-Belagerung der Burg Münzenberg durch „Windkraftmonster“ einte vor Ort alle Kräfte, ob in Vereinen oder den kommunalen Gremien.“


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