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Keine Windenergieanlagen in Wölfersheim nahe Burg Münzenberg

21. September 2020 - Immissionsschutzrecht

Am 15.09.2020 fand vor dem VG Gießen die mündliche Verhandlung in dem von Seiten der Betreibergesellschaft NWind GmbH angestrengten Verpflichtungsklageverfahren statt, an deren Ende die Abweisung der Klage stand.

Streitgegenstand war der Bescheid des RP Darmstadt vom 04.05.2017, mit dem die Behörde den Antrag der Betreibergesellschaft zu der Errichtung und dem Betrieb von 4 Windenergieanlagen (WEA) in Wölfersheim-Wohnbach ablehnte. Das RP Darmstadt hielt dem Vorhaben die beeinträchtigten öffentlichen Belange des Denkmalschutzes, ausgelöst durch die Burg Münzenberg, sowie des Artenschutzes entgegen. Die WEA waren lediglich in einer Entfernung zwischen 3 km und 4 km von der Burganlage in südöstlicher Richtung entlang der A 45 vorgesehen.

Gegen den ablehnenden Bescheid erhob die Betreibergesellschaft bereits im Mai 2017 Klage zum VG Gießen. Zu dem Verwaltungsstreitverfahren hat das VG Gießen die von EIDING RECHTSANWÄLTE vertretene Stadt Münzenberg auf einen entsprechenden Antrag hin beigeladen. Infolge der dadurch ausgelösten Beteiligtenstellung in dem Verwaltungsstreitverfahren hat die Kommune mehrfach schriftsätzlich vorgetragen, vor allem zu dem Thema Denkmalschutz. Zu diesem Zweck wurde zusätzlich der renommierte Sachverständige Dr. Dahms (Hamburg) hinzugezogen. Er kam auf der Grundlage von erstellten Visualisierungen – beispielhaft beigefügt – zu der Erkenntnis, dass infolge der Errichtung und des Betriebs der WEA eine erhebliche Beeinträchtigung für die Burganlage Münzenberg offensichtlich festzustellen wäre, dadurch dass eine erdrückende bzw. verdrängende Wirkung durch die WEA gegenüber der Burganlage eintritt und damit der Denkmalwert der Burganlage gefährdet wird.

Dabei war durch die zuständigen Sachbearbeiter der Kanzlei EIDING RECHTSANWÄLTE, Prof. Dr. Lutz Eiding und Dr. Martin Faußner, aus rechtlicher Sicht darzulegen, dass nicht nur die Blickbeziehungen auf die Burganlage von Relevanz sind, sondern darüber hinausgehend auch die Blickbeziehungen von der Burganlage aus; weiterhin, dass für die Beurteilung der erheblichen Beeinträchtigung des Kulturdenkmals die Sicht eines sachverständigen Betrachters maßgeblich ist, um der Argumentation der Betreibergesellschaft darauf gerichtet, die Bedeutung bzw. den Denkmalwert der Burganlage dadurch „herunterzuspielen“, indem lediglich die Sicht des für die Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters heranzuziehen wäre, entgegenzutreten.

Mit dem entgegenstehenden Belang des Denkmalschutzes war zuvor bereits im Rahmen des Verfahrens zur Aufstellung des Sachlichen Teilplans Erneuerbare Energien aufgrund der Einwendungen der Stadt Münzenberg das ursprünglich südöstlich der Burganlage vorgesehene Vorranggebiet für WEA, in dem auch überwiegend die in Rede stehenden 4 WEA beabsichtigt waren, mit einer Größe von zuletzt 191,4 ha komplett gestrichen worden.

Zu der klageabweisenden Entscheidung führt RA Dr. Faußner aus:

„Das VG hat dem Vorgehen der Betreibergesellschaft gegen den Ablehnungsbescheid vom 04.05.2017 zutreffend nicht stattgegeben. Dies ist die richtige Entscheidung angesichts der Bedeutung der Burganlage für die Stadt Münzenberg, die nördliche Wetterau und den Denkmalschutz im Allgemeinen. Anhand der in dem Klageverfahren in Zusammenarbeit mit dem Freundeskreis Burg und Stadt Münzenberg e. V. vorgelegten Visualisierungen, die sowohl den Blick auf die Burganlage, als auch den Blick von der Burganlage aus veranschaulichen, lässt sich für einen sachverständigen Betrachter die erhebliche und damit nicht hinnehmbare Beeinträchtigung für die Burganlage offenkundig ersehen; die Einschätzung findet Bestätigung durch die zahlreichen, die WEA ablehnenden Einwendungen der betroffenen, für den Denkmalschutz aufgeschlossenen Personen im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens.“

Ergänzend führt RA Prof. Dr. Eiding an:

„Die Burg Münzenberg ist eine aus fast allen Richtungen weithin sichtbare Landmarke, nach der Wartburg stellt sie die zweitgrößte Stauferburg dar. Wir sind erleichtert, dass unsere schon im Erörterungstermin 2016 erhobene Forderung eines Schutzradius von 5 km um die Burganlage von den Fachbehörden des RP Darmstadt, dem Landesamt für Denkmalschutz Wiesbaden und dem VG Gießen aufgegriffen worden ist.“

Für die Kommune merkt schließlich die Bürgermeisterin, Frau Dr. Tammer, an:

„Ich habe mit großer Erleichterung das Urteil des Verwaltungsgerichts Gießen entgegen genommen. Die Vorstellung, dass über 200 m hohe Windräder in unmittelbarer Nachbarschaft des „Wetterauer Tintenfasses“ stehen könnten, löste bei vielen Menschen in und um Münzenberg Unverständnis und große Empörung aus. Der Horror vor einer dauerhaften „Neuzeit“-Belagerung der Burg Münzenberg durch „Windkraftmonster“ einte vor Ort alle Kräfte, ob in Vereinen oder den kommunalen Gremien.“

Es bleibt abzuwarten, ob die Betreibergesellschaft innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils gegen das klageabweisende Urteil vorgeht und das Verfahren damit in die 2. Instanz zum VGH Kassel bringt.

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